Objektbeschreibung
Technische Daten
Datierung: frühes 20. Jahrhundert
Material: Holz, zweiteilig; gesägt, gefräst
Maße: 7 x 56 x 11 cm (H x B x T, geschlossene Form)
Am 9. Mai 1937 öffnete das Deutsche Tabak- und Zigarrenmuseum in Bünde seine Pforten. Grund genug, darauf ein Rauchopfer zu bringen. Die hier abgebildete Wickelform stammt aus der Zeit, als dafür in Minden und Ostwestfalen in großem Stil Zigarren hergestellt wurden. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts bedeutete dies noch reine Handarbeit. Die aus mehreren aufeinander abgestimmten Tabaksorten bestehende Einlage wurde in ein Tabakblatt zu einem Wickel gerollt und anschließend in die ausgefrästen Höhlungen der Wickelform gegeben. Durch das Pressen der geschlossenen Form erhielten die Wickel ihr charakteristische Gestalt.
Bis zur Jahrhundertwende entstanden immer mehr Zigarrenfabriken. Der Raum Minden-Ravensberg profitierte dabei von seiner Lage an der Weser. Denn während Fertigprodukte im Gebiet des Deutschen Zollvereins mit hohen Einfuhrzöllen belegt waren, konnte der günstigere Rohtabak aus Übersee von Bremen aus mit Schiffen in die Region transportiert werden. Neben der Fabrikherstellung entwickelte sich im 19. Jahrhundert auch zunehmend die Heimarbeit, sodass sich in Ostwestfalen innerhalb der ländlichen Bevölkerung der Berufsstand der Zigarrenmacher herausbildete. Nach getaner Arbeit verdiente man sich mit der heimischen Zigarrenherstellung abends noch etwas dazu.
Mit Aufkommen der preiswerteren Zigarette gegen Ende des 19. Jahrhunderts und spätestens ab den 1950er Jahren begann der Niedergang der Zigarrenindustrie. Lediglich Bünde behauptet bis heute seine Bedeutung als Zigarrenstadt.
// Text: Andre Siegel, Mai 2021
Literatur
- Momburg, Rolf: Die Zigarrenmacher. Aus der Geschichte der Zigarrenindustrie im Minden-Lübbecker Land von 1830 bis zur Gegenwart, Hüllhorst 1996.
Schon gewusst?
Die mit 1,60 m angeblich größte Zigarre der Welt ist im Deutschen Tabak- und Zigarrenmuseum in Bünde zu bestaunen.