Objektbeschreibung
Technische Daten
Datierung: um 1850
Material: Öl auf Leinwand
Maße: 63,5cm x 79cm (HxB)
Das Gemälde ist eine idealisierte Darstellung einer Auswanderung. Es zeigt die Ankunft einer Auswandererfamilie aus Westfalen in den USA. Einwanderer gelangten nach Amerika meist über eine der großen Hafenstädte, wie Baltimore oder New York. Auf dem Bild landet die Familie jedoch an einem scheinbar unbesiedelten Küstenstreifen. Auch das Licht erzählt eine Geschichte: der sich in Richtung Westen aufklarende Himmel sowie die von links unten ansteigende Bilddiagonale sollen auf eine verheißungsvolle Zukunft hinweisen.
Vermutlich handelt es sich bei zwei der dargestellten Personen um Franziska Roberts und Josef Orthaus. Die Herkunft des Gemäldes legt dies nahe. In den 1840er Jahren wanderten beide unabhängig voneinander aus. Später lernten sie sich in den USA kennen und heirateten in New York. Gemeinsam gründeten sie ein erfolgreiches Bauunternehmen. Fünf ihrer Kinder werden in den USA geborenen, drei Mädchen und zwei Jungen. Auch sie sind dargestellt sowie die Eltern von Josef Orthaus und seine Geschwister. Josef Orthaus wanderte vermutlich heimlich in die USA aus, um sich, wie viele andere, dem preußischen Militärdienst zu entziehen.
Insgesamt verließen zwischen 1800 und 1914 ungefähr 200.000 Menschen Westfalen in Richtung USA. Der Grund war oft eine schwierige wirtschaftliche Situation oder das die Flucht vor Verfolgung und eingeschränkter Freiheit. Das Gemälde ist eine Auftragsarbeit. Die Auswandererfamilie Orthaus beauftragte bei einem Heimatbesuch Franz Wilhelm Harsewinkel aus Münster mit dem Gemälde. Harsewinkel war im Hauptberuf preußischer Beamten im Vermessungswesen. In 1880er Jahren kehrte Josef Orthaus mit seiner Familie nach Westfalen zurück. Über die Gründe ist nichts bekannt.
// Text: Marco Schüngel, Dezember 2025
Literatur
- Bungert, Heike: Deutsche Forty-Eighters in den USA. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. 1848/49. 2023. S. 31-38.
- Koch, Petra: Franz Wilhelm Harsewinkel: Die Auswanderer nach Amerika, um 1850. In : Das Kunstwerk des Monats. (Hg) Westfälischen Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster 1993.
- Strotdrees, Gisbert: Fremde in Westfalen. Westfalen in der Fremde. Zur Geschichte der Ein- und Auswanderung von 1200 bis 1950. Münster 1996.
- Kulke, Willi: Aus Lippe und Westfalen nach Amerika. In: Vom Streben nach Glück. 200 Jahre Auswanderung aus Westfalen nach Amerika. (Hg.) LWL-Industriemuseum, Westfälisches Landesmuseum für Industriekultur, Essen 2016, S. 65-81.
Schon gewusst?
Wären Franziska Roberts aus Südlohn und Josef Orthaus aus Borken nicht nach Amerika ausgewandert, hätten sie sich auch im westlichen Münsterland treffen können. Südlohn und Borken sind nur elf Kilometer voneinander entfernt.
Am 6. Oktober wird mit viel Bratwurst und Bier der German-American Day in den USA gefeiert. Er erinnert an die Ankunft von dreizehn deutschen Familien aus Krefeld am 6. Oktober 1683 und die Gründung von Germantown in der Nähe von Philadelphia im heutigen US-Bundesstaat Pennsylvania. Er soll offiziell an das deutsche Erbe in den USA erinnern und es würdigen.
In Preußen wurden Kindergärten in den 1850er Jahren verboten, da sie als subversiv galten.
Fürchtete sich Preußen vor dem Umsturz durch Kindergartenkinder? Die sogenannten „Forty-Eighters“, Anhängerinnen und Anhänger der demokratischen Revolution von 1848, gründeten Kindergärten in den USA deshalb einfach neu. Unerreichbar für die preußische Obrigkeit und ein Segen für die frühkindliche Bildung in den USA.
Abbildungszuordnung und Bildunterschrift inkl. Fotonachweis
Die Auswanderer nach Amerika von Franz Wilhelm Harsewinkel (1796 - 1872), Foto: LWL-MKuK/Hanna Neander